FORUM ZUR
AUFKLÄRUNG
UND ERNEUERUNG

Protest gegen den Abriß eines DDR-Grenzwachtturms

FORUM zur Aufklärung und Erneuerung e. V.
Reinhard Dobrinski

an die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
Herrn Senator Peter Strieder
Württembergische Str. 6 10707 Berlin

Berlin, den 11.1.2001

Sicherung der Grenzwachtürme aus dem Areal Leipziger- / Stresemann- /
Niederkirchnerstraße als Zeugnisse deutscher Diktaturgeschichte

Sehr geehrter Herr Senator,

die ungehemmte Entsorgung von Geschichte im Zusammenhang mit dem Abriß des Wachhäuschens am Checkpoint Charly war uns gebotener Anlaß, den Schutzstatus der in Berlins Mitte gelegenen Wachtürme (Standort durch Skizze und Fotos in Anlage 1 und 2 belegt) festzustellen.
Die amtliche Erklärung nach besagtem Vorkommnis, daß wegen der Kubatur des Bauwerkes eine Abrißgenehmigung nicht erforderlich gewesen sei, bestätigte die Ferne der beteiligten Behörden zu diesem erstrangigen zeitgeschichtlichen Zeugnis und riet zum Handeln.
Nachfragen bei der unteren Denkmalbehörde des Bezirksamts Mitte und des Landesdenkmalamtes ergaben, daß die beiden dokumentierten Grenzwachtürme nicht denkmalgeschützt sind.

Wir halten es von daher für dringend geboten, Sie um Ihre persönliche Unterstützung zu ersuchen, einer Entsorgung dieser Grenzwachtürme durch den auf diesem Areal tätigen Investor vorzubeugen.
Unsererseits wird aufgrund des inzwischen isolierten Standorts und des verlorengegangen Zusammenhangs zur Berliner Mauer eine Umsetzung des Wachturmes mit zylindrischem Turmfuß an die Mauergedenkstätte Bernauer Straße favorisiert. Dort bestehende Defizite in der Darstellung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit könnten so endlich überwunden werden. Mit dem Verantwortungsträger der Mauergedenkstätte/Versöhnungsgemeinde wurde ein dahingehender Gedankenaustausch aufgenommen.

Die zurückliegenden Jahre vermochten zu vermitteln, wie problembehaftet und langwierig die Entscheidungen um die Mauergedenkstätte sein können. Ob der Eintritt in das neue Jahrtausend, die Standpunkte annähern konnte, wird sich alsbald zeigen. Bis zu einer endgültigen Entscheidung, die sich auf Einvernehmlichkeit zwischen dem Land Berlin, der Mauergedenkstätte sowie der Versöhnungs- und Sophiengemeinde gründen sollte, wäre eine Verfügung zum Schutz der Wachtürme und des in der Nähe befindlichen Fundamentsockels mit Halogenleuchte und Sicherungskasten unerläßlich.
Bitte, sehr geehrter Herr Senator, helfen Sie uns, der Stadt und dem Land bei der Bewahrung von Geschichte. Sie, die Geschichte, wird’s Ihnen danken.

Mit freundlichen Grüßen, gez. Reinhard Dobrinski